Ursprung und Besonderheiten des Pesäpallo
Pesäpallo ist die finnische Antwort auf American Baseball. Das Spiel erinnert in seinen Grundzügen ganz klar an Baseball, unterscheidet sich in seinem Ablauf jedoch deutlich.
In Finnland ist der Sport Nationalsport. Praktisch jeder Finne kennt den Sport und Baseball führt dort ein totales Nischendasein. Außerhalb von Finnland kennt so gut wie niemand dieser Sportart. Wie ist diese Sportart überhaupt entstanden?
Der Ursprung findet sich in den 1920er Jahren als der Finne Lauri Pikhala bei einem Aufenthalt in den USA Baseball kennenlernt. Er findet den Sport großartig, möchte aber einige Aspekt darin verändern. Nach seiner Rückkehr nach Finnland tüftelt er an einer neuen Variante und erschafft ein Spiel, das eine Mischung aus American Baseball und alten finnischen Ballspielen darstellt. Pesäpallo war geboren.
Der Begriff „Pesa“ bedeutet übersetzt „Nest“ und orientiert sich an der amerikanischen Bedeutung von „Base“ im Baseball.
Schnell gewinnt Pesäpallo in Finnland an Popularität und ist mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des sportlichen Lebens dort geworden. Allmählich schafft es der Sport sogar über die Grenzen Finnlands hinaus an Relevanz zu gewinnen.
Spielfeld und Spieleranzahl
Ein Schlüsselelement, das sich bei Pesäpallo grundsätzlich von Baseball unterscheidet ist das Spielfeld. Ein Baseballfeld hat die typische diamantförmige Rautenform. Die vier Bases werden in einem Kreis abgelaufen und sind in etwa gleich weit voneinander entfernt.
Das Spielefeld bei Pesäpallo ist ganz anders angeordnet. Es gibt auch vier Nester, Pesä genannt, auf dem Spielfeld, die jedoch anders abgelaufen werden müssen. Im Innendurchgang, der in die Mitte des Spielfeld läuft, befindet sich das erste Nest. Auf dem Außendurchgang liegen das zweite und dritte Nest Eine Besonderheit hierbei ist, dass die Abstände der einzelnen Nester immer weiter entfernt sind. Diese ungewöhnliche Anordnung, verändert die Dynamik und strategische Herangehensweise ans Spiel im Gegensatz zu Baseball deutlich.
Insgesamt ist das Spielfeld 93,5 × 62 m bei den Herren groß. Die Abgrenzungen sind wichtig, da anders als beim Baseball, der Ball nicht möglichst weit geschlagen werden muss, sondern innerhalb der Grenzen des Spielfeldes auskommen muss. Das verlangt von den Schlägern eine besondere Präzision.
Auf dem Spielfeld besteht eine Pesäpallo-Mannschaft jeweils aus neun Spielern, welche sich wiederum in Schlagmänner und Läufer aufteilen.
Die Regeln von Pesäpallo
Der Grundsatz des Regelwerks ähnelt dem des Baseball. Ein Spieler versucht einen Ball mit einem Schläger weit weg zu schlagen und ermöglicht so sich und anderen Läufern seiner Mannschaft Zeit, um die Nester im Spiel abzulaufen. Läufer, die beim ersten Nest wieder ankommen erzielen Punkt. Die gegnerische Mannschaft versucht den Ball abzufangen und durch Würfe zum Nest den Ball dort wieder zu platzieren, bevor die Spieler ankommen. Befindet sich ein Läufer dann zwischen zwei Nestern ist er ausgeschieden.
Der größte Unterschied im Spielablauf zu Baseball zeigt sich in der Art des Pitchings. Im Gegensatz zum Baseball, steht der Pitcher nicht in der Mitte des Feldes, sondern ebenfalls auf dem Heimnest. Das hat einen einfachen Grund. Der Ball wird bei Pesäpallo vom Pitcher, mindestens einen Meter, senkrecht in die Luft geworfen, von wo aus der Schlagmann ihn treffen muss. Das ermöglicht natürlich einen höheren Grad an Kontrolle und Sichtbarkeit. Diese ist aber auch notwendig, denn der Schlagmann muss den Ball präzise im Feld platzieren.
Nachdem der Schlagmann getroffen hat, ermöglicht er seinen Mitspielern einen Lauf zu starten. Selbst muss er aber nicht notwendigerweise loslaufen, sondern kann maximal drei Schläge ausführen. Beim dritten Schlag muss er aber zwangsweise loslaufen und mindestens die erste Pesä erreichen. Schafft es der Schläger nicht innerhalb dreier Schläger dorthin, gilt er als verbrannt. Bei drei verbrannten Schlägern endet die Runde und die gegnerische Mannschaft darf schlagen.
Wird ein Wurf durch der Werfer nicht korrekt ausgeführt, hat das einen Freilauf für den Gegner zur Folge. Auch hier ist also Präzision bei der Ausführung gefragt.
Nachdem der Ball getroffen wurde, versucht das gegnerische diesen schnellstmöglich zu fangen und wieder zu den Nestern zu werfen. Wird der Ball aus der Luft gefangen und gelten alle Läufer, die nicht auf einem Nest stehen als verletzt und scheiden für diese Spielrunde aus. Der Ball wird aber immer weitergeworfen bis man ihn zum Zielnest geworfen hat wo ihn ein Zielwerfer fangen muss. Schaffen es Läufer nicht vorher beim Zielnest einzulaufen gelten sie als verbrannt.
Gepunktet wird durch Spieler, die es schaffen alle Nester zu durchlaufen und das Startnest erreichen. Eine Home Run wird erreicht, wenn ein Spieler bei seinem eigenen Schlagversuch es bis zum dritten Nest schafft. Er hat in diesem Moment gepunktet und kann in einem weiteren Lauf durch den Lauf zum Heimnest einen weiteren Punkt erzielen.
Für wen ist Pesäpallo geeignet?
Als Mannschaftssport erfordert Pesäpallo eine Vielzahl unterschiedlicher Spieltypen. Durch die Art und Weise der Regeln und die sehr spezifischen Anforderungen, wird der Aspekt der verschiedenen Spielerausprägungen aber deutlich höher gewichtet als bei anderen Sportarten.
Bei Pesäpallo sind starke Schläge, gute Würfe und schnelle Läufe gefragt. Ein taktisches Verständnis beim Abschätzen eines Laufs und eine gute Koordination und Antizipation des Gegners bei den Würfen sind für jeden Spieler notwendig.
Pesäpallo ist ein hochkomplexes Spiel und erfordert deutlich eingespielte Spieler.
Das Spiel lebt von Gemeinschaft und Zusammenhalt und so ist es in Finnland völlig üblich, dass sowohl Männer als auch Frauen in der Breite an dem Sport teilnehmen. Ebenfalls existieren viele Jugendmannschaften, die den Sport zelebrieren. In der Tat stellt sich für viele Jugendliche die Frage, ob sie, wenn sie es auf eine professionelle Karriere anlegen, eher den Weg in den möglicherweise lukrativeren American Baseball oder zu Pesäpallo einschlagen.
Zweifelsohne stellt Pesäpallo einen physisch äußerst anspruchsvollen Sport dar. Als Anfänger und Freizeitspieler muss man nicht in Topform sein, um bei dem Spiel zu starten. Nichts desto trotz, sind Spieler, die ihr volles physisches Potenzial Ausschöpfen, beim Schlagen, Sprinten und kühlen Kopf bewahren natürlich deutlich überlegen.
Notwendige Ausrüstung für Pesäpallo
Die Grundaustattung bei Pesäpallo ähnelt natürlich der von Baseball, hat aber einige entscheidende Unterschiede. Jeder Ausrüstungsgegenstand ist eigens für Pesäpallo entwickelt.
Der Pesäpallo-Schläger besteht heutzutage aus Metall, hat eine konische Form und ist im Erwachsenenbereich einen Meter lang. Gewicht und Balance des Schlägers spielen natürlich eine herausragende Rolle. Typischerweise wiegt ein Schläger zwischen 580 bis 620 Gramm.
Der gelbe Pesäpallo-Ball hat einen Durchmesser von ca. 22 cm. Im Herrenbereich liegt das Gewicht bei 160 Gramm. Bälle für den Frauen- und Juniorenbereich sind leichter.
Jeder Spieler benötigt darüber hinaus einen Helm. Während eine Mannschaft in der Offensive spielt, muss dieser immer getragen werden. Darüber hinaus gibt es weitere Positionen in der Defensivmannschaft, die das Tragen des Helms erfordern.
Der Handschuh zum Fangen des Balls ist aus Leder. Er unterscheidet sich deutlich von dem eines Baseball-Handschuhs und ähnelt viel mehr den Handschuhen eine Eishockey-Torwarts. Handschuhe dienen natürlich dazu, einen Ball gut fangen zu können, sollen aber ebenso Fingerverletzungen vorbeugen.
Sinnvoll ist es zudem, Schuhe mit gutem Halt zu nutzen. Geeignet sind Stollenschuhe oder Schuhe mit Spikes.
Pesäpallo spielen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Außerhalb von Finnland ist Pesäpallo noch ein absoluter Nischensport. Nichts desto trotz gibt es eine wachsende Anzahl an Enthusiasten, die den Sport an anderen Orten verbreiten.
Neben Finnland, sind vor allem Schweden, Deutschland, die Schweiz, Spanien, Indien und die USA die Länder, in denen Pesäpallo Fuß fassen konnte. Auf den offiziellen Seiten des finnischen Pesäpallo-Verbandes, werden die Aktivtäten der einzelnen Länder immer verfolgt.
Im deutschsprachigen Raum ist die Pesäpallo-Szene in der Schweiz aktuell am aktivsten. In Deutschland existiere in den Hochzeiten sogar eine eigene Liga, die jedoch aktuell zu wenig Zulauf hat. Hierzulande ist Pesäpallo auf Enthusiasten, die sich vor Ort lokal organisieren beschränkt.
Der Sport ist also eine absolute Nischensportart. Wer den Sport und die Kultur kennenlernen möchte, sollte also unbedingt bei einer Reise nach Finnland über einen Besuch eines Pesäpallo-Spiels nachdenken.
Für alle, die an alternativen zu Baseball interessiert sind, empfehlen wir sich die Varianten Kickball oder Softball anzusehen.